
Es gibt Menschen, die glauben, Religion sei der Ursprung allen Übels
„Jesus war anders“
Es gibt Menschen, die glauben, Religion sei der Ursprung allen Übels. Sie sehen in ihr eine Quelle von Spaltung, Intoleranz und sogar Gewalt. Und sie haben Gründe für ihre Skepsis: In der Geschichte der Menschheit gibt es viele traurige Kapitel, in denen Religion zur Rechtfertigung von Kriegen, Verfolgung und Unterdrückung diente. Auch das Christentum blieb davon nicht verschont: die Kreuzzüge, Inquisition, Hexenverfolgungen sind dunkle Flecken, die nicht übersehen werden dürfen.
Diese Gedanken haben auch in mir Zweifel gesät.
Ich habe mich gefragt: Gehört mein Glaube vielleicht doch zu einem System, das Menschen nur und ständig verletzt hat? Kann ich wirklich an Jesus festhalten, obwohl in seinem Namen so viel Unrecht geschehen ist? Ist es naiv, in ihm Hoffnung und Frieden zu sehen, wo andere nur Machtmissbrauch und Schmerz erlebt haben?
Diese Fragen haben mich tief bewegt, sogar verunsichert. Ich wollte nicht blind glauben, ich wollte verstehen. Und je mehr ich mich mit dem Leben und den Worten Jesu beschäftigt habe, desto klarer wurde mir: Jesus selbst war nie Teil dieses Unrechts. Im Gegenteil, er war die Liebe, die mitten in eine Welt hineingeleuchtet hat. Was Menschen in seinem Namen getan haben, widerspricht dem, was er gelehrt und gelebt hat.
Doch hier beginnt ein entscheidender Wendepunkt.
Denn wer tiefer schaut, wer sich nicht mit dem Verhalten einzelner Menschen zufriedengibt, sondern sich Jesus selbst zuwendet, genau dem, was er gesagt, wie er gelebt und wie er geliebt hat, der erkennt: Jesus war anders.
„Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“
(Matthäus 5,9)
Jesus war kein Kriegsherr. Kein Politiker. Kein Revolutionär mit Gewalt. Er war ein Heiler der Herzen, ein Freund der Ausgestoßenen, ein Lehrer der Liebe. Er rief zur Umkehr auf, nicht mit dem Schwert, sondern mit offenen Armen. Er lehrte, den Feind zu lieben, und er ging selbst ans Kreuz, ohne sich zu wehren, um zu zeigen, dass Liebe stärker ist als Hass.
„Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.“
(Matthäus 5,44)
All das, was in der Geschichte im Namen Jesu an Gewalt geschah, steht im radikalen Widerspruch zu seiner Botschaft. Jesus legitimiert keine Gewalt. Er war nicht gekommen, um zu herrschen, sondern um zu dienen. Nicht um zu zerstören, sondern um zu retten.
„Denn der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.“
(Markus 10,45)
Eine Welt ohne Glauben mag sich in manchen Momenten friedlich anfühlen, doch was ist das für ein Friede, wenn Hoffnung fehlt? Wenn wir nicht mehr glauben dürfen, dass Versöhnung möglich ist, dass Vergebung heilt, dass Liebe göttlich ist? Der Glaube an Jesus lädt nicht zur Abgrenzung ein, sondern zur Begegnung. Er richtet nicht, sondern hebt auf. Und er lebt – bis heute – in denen, die sich entschieden haben, seine Worte nicht nur zu hören, sondern zu leben.
„Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“
(Johannes 13,34)
Die Frage ist nicht, was Menschen mit Religion gemacht haben, sondern, was Jesus mit uns machen kann, wenn wir ihm vertrauen. Seine Botschaft ist eine Einladung: zur Liebe, zum Frieden, zur Freiheit. Vielleicht ist es an der Zeit, nicht auf das zu blicken, was in seinem Namen getan wurde, sondern auf das, was er getan hat. Und dann wird klar: Eine Welt, die nach seiner Liebe lebt, wäre nicht friedloser, sondern friedvoller.
„Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“
(Johannes 14,27)
Es ist leicht, den Glauben zu verlieren, wenn man in die Abgründe menschlichen Handelns blickt.
Gerade dann, wenn diese Taten im Namen von Religion geschehen. Es ist nachvollziehbar, zu zweifeln, an Gott, an Glaubensgemeinschaften, ja sogar an sich selbst. Aber vielleicht sind genau diese Zweifel der Beginn von etwas Tieferem: nicht das Ende des Glaubens, sondern sein Beginn – auf einem echten, ehrlichen Fundament.
Jesus selbst hat nie Gewalt gepredigt, nie zu Hass aufgerufen. Er hat niemanden gezwungen zu glauben, sondern eingeladen zu vertrauen.
Er berührte, wo andere verurteilten.
„Lasst euch nicht vom Bösen überwinden, sondern überwindet das Böse mit Gutem.“
(Römer 12,21)
Die dunklen Kapitel religiöser Geschichte dürfen uns nicht blind machen für das Licht, das von Jesus ausgeht.
Jesus war nicht der Ursprung der Gewalt. Er war und ist der Weg aus ihr heraus.
Und vielleicht erkennen wir genau darin das größte Wunder: Dass mitten im Lärm der Welt eine leise Stimme bleibt, die sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ und dass diese Stimme immer die Sprache der Liebe spricht. Doch bei all dem dürfen wir eines niemals vergessen: Glaube darf niemals zur Überheblichkeit führen.
Wir dürfen Menschen, die nicht glauben, keinesfalls verurteilen oder ihnen mit Hochmut begegnen. Jeder Mensch geht seinen eigenen Weg, manche mit Gott, einige sind auf der Suche, andere bewusst ohne Glauben. Das ist vollkommen okay! Auch wer nicht an Jesus glaubt, kann ein Mensch voller Liebe, voller Mitgefühl, voller Frieden sein. Warum auch nicht? Die Würde und der Wert eines Menschen hängen nicht an seinem Glaubensbekenntnis, sondern an dem, was ihn im Herzen bewegt. Jesus selbst hat niemanden gezwungen, ihm zu folgen. Er hat eingeladen, nicht gedrängt. Er hat geliebt, bedingungslos. Und genau das ist auch unsere menschliche Aufgabe: einander zu lieben, zu respektieren, anzunehmen, mit all unseren Unterschieden. Denn wahrer Glaube zeigt sich nicht in Urteilen, sondern in offenen Herzen. In echtem Zuhören. In dem Wunsch, in Frieden zu leben, nicht nur für sich selbst, sondern auch mit und für andere.
„Was ihr wollt, dass euch die Leute tun, das tut ihnen auch.“
(Lukas 6,31)
Nur in einer Haltung des gegenseitigen Respekts, des ehrlichen Verstehens und der aufrichtigen Liebe wird die Botschaft Jesu wirklich lebendig – nicht als abstrakte Lehre, sondern als gelebte Wirklichkeit. Denn was nützt der schönste Glaube, wenn er andere ausgrenzt? Was nützt die tiefste Überzeugung, wenn sie Mauern statt Brücken baut? Der Glaube an Jesus will nicht trennen, er will verbinden. Er ruft nicht zur Absonderung auf, sondern zur Gemeinschaft. Jesu Liebe galt nicht nur den „Gerechten“, sondern besonders den Verachteten, den Zweifelnden, den Suchenden. Seine Botschaft sprengte die engen Grenzen religiöser Zugehörigkeit und öffnete das Herz Gottes für alle Menschen.
„Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr Liebe untereinander habt.“
(Johannes 13,35)
Wenn wir andere mit dem Respekt behandeln, den auch wir uns wünschen, unabhängig von ihrem Glauben, ihrer Herkunft oder Überzeugung, dann beginnt der Glaube an Jesus zu blühen. Dann wird er zu dem, was er von Anfang an sein sollte: eine Brücke zwischen Menschen und nicht ein Zaun zwischen allen Menschen und Völkern.
„Urteilt nicht, damit ihr nicht verurteilt werdet!“
(Matthäus 7,1)
„Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.“
(1. Korinther 13,1)
Diese Liebe, von der die Bibel spricht, ist keine bloße Emotion, sie ist eine Entscheidung. Eine Haltung und ein Lebensstil. Sie bedeutet, den anderen zu achten, auch wenn man ihn nicht versteht. Ihn zu würdigen, auch wenn man anderer Meinung ist.
So wird der Glaube an Jesus nicht zu einem Abzeichen für „die Guten“, sondern zu einem offenen Raum, in dem Heilung geschieht, Verständnis wächst und echtes Miteinander möglich wird.
„Denn das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.‘“
(Galater 5,14)
Dann, und nur dann, ist Glaube keine Grenze, sondern eine Brücke, die miteinander verbindet.
Meine Gespräche mit Atheisten

Ich habe im Laufe meines Lebens viele wunderbare Gespräche geführt, auch und gerade mit Menschen, die nicht an Gott glauben. Atheisten, Agnostiker, spirituell Suchende. Und ich kann aus tiefstem Herzen sagen: Diese Begegnungen haben mich berührt. Manche sogar tief bewegt. Es waren Gespräche voller Ehrlichkeit, Offenheit und gegenseitigem Respekt. Keine hitzigen Debatten, keine Überzeugungsschlachten, sondern echtes Zuhören. Wir haben einander zugehört, um zu verstehen.
Ja, ich habe viel gelernt. Nicht nur über andere Sichtweisen, sondern auch über mich selbst und meinen Glauben.
In diesen Gesprächen wurde mir einmal mehr bewusst, was Glaube für mich ist und welche Beziehungen ich zu Jesus habe: Glaube ist nichts Starres. Kein System, das man beweisen oder verteidigen muss. Der Glaube und die Beziehung zu Jesus ist lebendig. Manchmal auch voller Zweifel. Aber vor allem: Er trägt Freude in sich. Hoffnung. Freiheit. Und das darf man zeigen. Nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit leuchtendem Herzen.
Wir haben gemeinsam festgestellt, dass es völlig in Ordnung ist, wenn Menschen glauben und andere eben nicht. Dass es keine Schwäche ist, Fragen zu stellen, und kein Fehler, sich gegen einen Glauben zu entscheiden, den man nicht authentisch leben kann.
Was bleibt, ist gegenseitiger Respekt. Und die Erkenntnis: Auch wer nicht glaubt, kann ein tief liebender, mitfühlender, friedvoller Mensch sein. Warum auch nicht? Wir alle sind auf unserer eigenen Reise. Und jede Reise ist es wert, geachtet zu werden.
Ich wünsche mir, dass Glaube nicht zur Mauer wird, sondern zur Begegnung mit anderen. Unabhängig davon, ob ein Mensch eine Beziehung zu Jesus hat, oder nicht. Das darf keine Mauer begründen.
Ich bin sehr dankbar für diese vielen Gespräche! Und ich glaube: Genau das hat Jesus sich gewünscht.